Pflichtverteidiger in München – Ihr Recht auf notwendige Verteidigung
Im Gerichtsbezirk des Landgerichts München I und II werden jährlich rund 30.000 Strafverfahren verhandelt. Das Grundgesetz garantiert effektiven Rechtsschutz – doch dieser ist im Strafprozess nicht immer leicht zugänglich. Eine Pflichtverteidigung soll in schweren Fällen sicherstellen, dass Beschuldigte nicht schutzlos sind.
Was ist ein Pflichtverteidiger?
Ein Pflichtverteidiger ist ein Rechtsanwalt, der dem Beschuldigten vom Gericht beigeordnet wird, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Die gesetzliche Grundlage ist § 140 StPO – sie regelt die sogenannte notwendige Verteidigung.
Wichtig: Pflichtverteidigung hat nichts mit Ihrer finanziellen Lage zu tun. Es geht um die Schwere des Vorwurfs. Wenn eine Freiheitsstrafe realistisch droht, sieht das Gesetz vor, dass ein Pflichtverteidiger zur Seite stehen soll.
Wer hat Anspruch auf einen Pflichtverteidiger?
Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt zum Beispiel vor bei:
- drohender Untersuchungshaft
- Anklage wegen eines Verbrechens
- schwerwiegender Tatvorwurf mit hoher Strafandrohung
- Verfahren vor dem Schöffengericht oder Landgericht
Die gesetzliche Aufzählung finden Sie in § 140 Absatz 1 und 2 StPO. Besonders Absatz 2 ist tückisch. Er sieht die Beiordnung eines Pflichtverteidigers vor, wenn die Schwere der Tat eine Verteidigung gebietet. Es liegt kein Verbrechen, sondern ein Vergehen vor. Bei einem Vergehen ist eine Einstellung des Verfahrens möglich. Das setzt eine "geringe Schuld" voraus. Die "Schwere der Tat" und "geringe Schuld" ist etwas widersprüchlich. Reden Sie nicht die "Schwere der Tat" herbei, um einen Pflichtverteidiger zu bekommen.
Pflichtverteidiger – nicht automatisch bestellt
Ein häufiger Irrtum: Nicht jeder bekommt automatisch einen Pflichtverteidiger. Das Gericht bestellt ihn nur bei Vorliegen der Voraussetzungen – und erst zu einem bestimmten Zeitpunkt im Verfahren.
Zeitpunkt der Beiordnung
- Grundsätzlich erfolgt die Bestellung mit Zustellung der Anklageschrift.
- Bei Untersuchungshaft oder einstweiliger Unterbringung erfolgt die Beiordnung bereits vor der Vorführung.
- Im Ermittlungsverfahren kann die Staatsanwaltschaft einen Antrag stellen – das passiert aber nicht.
Selbst auswählen – oder vom Gericht bestimmt?
Viele Beschuldigte wissen nicht, dass sie ihren Pflichtverteidiger selbst benennen können. Das Gericht gibt nach § 142 Absatz 5 StPO eine Frist – wer innerhalb dieser Zeit einen Anwalt vorschlägt, bekommt diesen in der Regel auch beigeordnet.
Wer die Frist verstreichen lässt, dem wird ein Pflichtverteidiger durch das Gericht ausgewählt.
Pflichtverteidigung und Kosten
Ein häufiger Grund zur Sorge: die Kosten. Tatsächlich sieht § 136 StPO einen Hinweis der Polizei auf die Kosten vor (§ 465 StPO). Manche verzichten deshalb aus Angst vor den Kosten auf ihre Verteidigung.
Was viele nicht wissen: Die Pflichtverteidigung kann nicht einfach umgangen oder abgelehnt werden. Wenn ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt, dann bekommt der Beschuldigte spätestens bei Anklage einen Pflichtverteidiger. Verzichtet der Beschuldigte im Ermittlungsverfahren auf den Antrag zur Beiordnung eines Pflichtverteidgers, dann spart er sich 158 € netto. Letztlich kosten Fehler im Ermittlungsverfahren den Beschuldigten mehr.
Keine Anwälte zweiter Klasse
Ein wichtiger Punkt: Pflichtverteidiger sind keine Anwälte zweiter Klasse. Sie haben dieselben Rechte und Pflichten wie jeder andere Strafverteidiger. Sie sind dem Mandanten verpflichtet – und nicht dem Gericht, der Staatsanwaltschaft oder der Staatskasse.
Auch wenn die Vergütung geringer ist, bleibt das Ziel dasselbe: eine faire und wirksame Verteidigung.